0511 954540

Kaufrecht für Apotheker – Apothekenrecht

 - Maßgebliche Regelungen für Apotheker und andere Kaufleute sowie Verbraucher -

A.  Überblick

Im Zuge der Schuldrechtsreform zum 1.1.2002 hat das BGB insbesondere in folgenden Bereichen tiefgreifende Veränderungen erfahren:

  • Allgemeines Schuldrecht bzw. Leistungsstörungsrecht
  • Kaufrecht
  • Verjährung

B. Zum Leistungsstörungsrecht im allgemeinen Schuldrecht

1. Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens (§ 286 BGB) unter folgenden Voraussetzungen:

a) fruchtlose Mahnung mit Fristsetzung nach Fälligkeit oder

b) Ablauf der kalendermäßig bestimmten Zeit für die geschuldete Leistung oder

c) Ablauf der kalendermäßig bestimmbaren Zeit für die geschuldete Leistung (z. B. zwei Wochen nach Rechnungseingang) oder

d) spätestens nach Ablauf von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung oder Empfang der Leistung, im letzteren Fall aber nur, wenn es sich nicht um einen Verbraucher handelt.

Höhe der Verzugszinsen:

  • 5 Prozentpunkte jährlich über dem jeweiligen Basiszinssatz (§ 288 (1) BGB)
  • 9 Prozentpunkte jährlich über dem jeweiligen Basiszinssatz für Zahlungsansprüche aus Rechtsgeschäften, an denen kein Verbraucher beteiligt ist (§ 288 (2) BGB)

2. Einbeziehung des AGBG in das BGB mit folgenden bedeutsamen Vorschriften:

  • verschärftes Transparenzgebot für AGB-Klauseln (§ 307 (1) S. 2 BGB)
  • Aufgrund der uneingeschränkten Geltung des allgemeinen Schuldrechts nunmehr auch für das Kaufrecht darf das Leistungsverweigerungsrecht des Käufers nach § 320 BGB oder sein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB bereits vor Übergabe der Kaufsuche nicht mehr ausgeschlossen werden (§ 309 Nr. 2 BGB).
  • Bei Vereinbarung eines pauschalierten Schadensersatzanspruchs muss der Kunde ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen werden nachzuweisen, daß ein Schaden oder eine Wertminderung überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die vereinbarte Pauschale ist (§ 309 Nr. 5 b) BGB).
  • Ein Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit ist wie im Rahmen der gesetzlichen Produkthaftung nicht mehr zulässig (§ 309 Nr. 7 a) BGB).
  • Anders als ein Schadensersatzanspruch darf das Rücktrittsrecht nicht eingeschränkt werden, wenn der Käufer oder Unternehmer den Mangel einer Kaufsache oder eines Werks zu vertreten hat (§ 309 Nr. 8 a) BGB).
  • Auch gegenüber Unternehmern darf die Verjährungsfrist für Ansprüche wegen eines Mangels der Kaufsache oder des Werks nicht auf weniger als ein Jahr verkürzt werden (§ 309 Nr.8b) BGB).
  • Die Regelungen des BGB für AGB gelten auch für Arbeitsverträge mit Ausnahme solcher Regelungen, die auf Gesetz, Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen beruhen (§ 310 (4) S. 3 BGB).

Merke zum Anwendungsbereich der AGB-Regeln:

Die vorstehend geregelte Beschränkung der Vertragsfreiheit einschließlich aller weiterer Bestimmungen der §§ 305 ff BGB beziehen sich nicht auf individuell ausgehandelte Verträge zwischen Kaufleuten oder unter Verbrauchern, sondern nur auf für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen (§ 305 (1) BGB) und darüber hinaus auf Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, wenn der Unternehmer den Vertrag – auch zur einmaligen Verwendung – vorformuliert (§ 310 (3) Nr. 2 BGB).

Die Vertragsfreiheit zwischen Kaufleuten für Individualverträge bleibt damit unberührt. Vorsicht jedoch vor Beschaffenheitsgarantien (§ 443)!

3.   § 280 Abs. 1 BGB ist nunmehr zentrale Norm zur Abwicklung von Leistungsstörungen und hat folgenden Wortlaut:

„ Verletzt ein Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.“

An diese Regelung lehnen sich die Regelungen für die Abwicklung von Mängelhaftungsansprüchen aus dem Kauf- oder Werkvertragsrecht an.

C. Kaufrecht – Wesentliche Bestimmungen im Überblick

1. Mängelhaftungsansprüche des Käufers

Vor dem 1.01.2002 verschuldensunabhängiger Anspruch des Käufers auf Wandelung (Rückgängigmachen des Kaufvertrags) oder Kaufpreisminderung. Anspruch auf Schadensersatz nur bei ausdrücklicher Zusicherung einer Eigenschaft der Kaufsache.

heute: verschuldensabhängiger Anspruch des Käufers auf Minderung, Rücktritt und/oder Schadensersatz auch ohne ausdrückliche Zusicherung einer Eigenschaft. Im Fall eines Mangels dürfte die Rechtsprechung regelmäßig Verschulden des Verkäufers annehmen. 

Beispiele: Angabe eines bestimmten Kraftstoffverbrauchs eines Kfz, Bezeichnung von Lebensmitteln als Bio-Produkte etc. 

2. Ansprüche des Käufers bei Lieferung einer mangelhaften Sache (§ 437 BGB)

  • Nacherfüllung durch Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache durch den Verkäufer nach Wahl des Käufers (anders nur bei Unverhältnismäßigkeit, § 439 Abs.3 BGB)
  • nach fruchtlosem Ablauf einer vom Käufer zu setzenden angemessenen Frist oder Fehlschlagen der Nacherfüllung (regelmäßig nach 2. Fehlversuch)

a) Minderung des Kaufpreises (§ 441 BGB) oder

b) Rücktritt vom Kaufvertrag (§§ 440, 323 BGB) und/oder

c) Schadensersatz (§§ 440, 280, 281 und 283 BGB)

Lässt der Käufer einen Mangel selbst beseitigen, ohne dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung zu setzen, verliert er ersatzlos alle vorstehenden Rechte. 

3. Verbrauchsgüterkauf – Begriffsbestimmung (§ 474 BGB)

Kauf einer beweglichen Sache durch einen Verbraucher (für seinen Haushalt oder seine unselbständige berufliche Tätigkeit) von einem Unternehmer

4. Rechtsfolgen des Verbrauchsgüterkaufs

  • Gefahrübergang erst mit Lieferung statt bei Übergabe an den Frachtführer (§ 474 Abs. 2, 447 BGB)
  • Beweislast: Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, wird vermutet, dass er bereits Gefahrübergang vorhanden war; der Verkäufer hat die Möglichkeit, das Gegenteil zu beweisen (§ 476 BGB).
  • Die gesetzlichen Ansprüche des Käufers für Mängel für eine Verjährungsfrist von zwei Jahren sind unabdingbar mit Ausnahme des Anspruchs auf Schadensersatz und der Verjährungsfrist für gebrauchte Sachen (mindestens ein Jahr) (§ 475 BGB).
  • zugleich Rückgriffsanspruch des vom Käufer in Anspruch genommenen Unternehmers auf seinen Vorlieferanten:

Bei Mängeln neu hergestellter Sachen, wegen der ein Verkäufer vom Verbraucher in Anspruch genommen wird, hat der Verkäufer einen unabdingbaren Rückgriffsanspruch gegen seinen Vorlieferanten (§ 478 Abs. 2 BGB). Die Verjährungsfrist für diesen Rückgriffsanspruch beträgt unabdingbar zwei Jahre ab Lieferung der Sache an den Verbraucher bzw. bei längerem Zeitablauf zwei Monate zzgl. der Frist, in dem der Verkäufer die Ansprüche des Verbrauchers erfüllt hat, höchstens jedoch fünf Jahre nach dem Zeitpunkt, in dem der Vorlieferant die Sache dem Verkäufer geliefert hat (§ 479 Abs. 2 BGB).

C. Neuregelung der Verjährungsfristen

1.   Regelverjährungsfrist:

  • 3 Jahre ab dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und
  • der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§§ 195, 199 BGB)

Beispiele: Kaufpreisansprüche, Mieten, Darlehenszinsansprüche, Unterhaltsansprüche 

2. Sonderverjährungsregeln für Mängelansprüche und andere Ansprüche aus Kaufverträgen

  • 2 Jahre ab Lieferung der Kaufsache (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 iVm Abs. 2 BGB)

Beispiel: Ansprüche aufgrund von Mängeln der Kaufsache 

  • 5 Jahre bei Mängeln an einem Bauwerk oder einer Sache, die nach ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat (Baustoffe) (§ 438 Abs. 1 Nr. 2 iVm Abs. 2 BGB
  • 30 Jahre wegen Rechtsmängeln eines Gegenstands aufgrund deren ein Dritter einen Herausgabeanspruch gegen den Käufer hat, oder im Hinblick auf ein sonstiges Recht, das im Grundbuch eingetragen ist, und zwar ab Übergabe des Grundstücks bzw. ab Lieferung der Sache (§ 438 Abs. 1 Nr. 1 iVm Abs. 2 BGB)

Beispiel: Verkauf einer gestohlenen Sache; Veräußerung eines Grundstücks, für das ein Dritter einen durch Auflassungsvormerkung gesicherten Erwerbsanspruch hat.

3. Sonderverjährungsvorschriften für Werk- und Werklieferungsverträge

  • 2 Jahre für Ansprüche aus mangelhafter Herstellung, Wartung oder mangelhafter Planungs- oder Überwachungsleistung ab Abnahme
  • (§ 634a Abs. 1 Nr. 1 iVm Abs. 2 BGB)
  • 5 Jahre für Ansprüche aus Mängeln eines Bauwerks oder einem Werk, dessen Erfolg in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür besteht (§ 634 Abs. 1 Nr. 2 iVm Abs. 2 BGB)

Beispiel: Bau eines mangelhaften Hauses oder mangelhafte Architektenplanung eines Hauses

4. Sonderverjährungsvorschriften für den Werklieferungsvertrag

  • Auf einen Vertrag, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat, finden die Vorschriften über den Kauf Anwendung (§ 651 Satz 1 BGB)

Beispiel: Konstruktion und Lieferung einer Stahlbearbeitungsmaschine.
Verjährungsfrist 2 Jahre.

5. Weitere allg. Verjährungsvorschriften:

        30 Jahre:

  • für Herausgabeansprüche aus Eigentum und anderen dinglichen Rechten, familien- und erbrechtlichen Ansprüchen, Ansprüchen aus rechtskräftigen Urteilen oder aus vollstreckbaren Urkunden, so weit es nicht um regelmäßig wiederkehrende Leistungen geht (§ 197 BGB) und 
  • für Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, wenn der Verletzte nicht zuvor Kenntnis von der schadensauslösenden Handlung hat oder ihm grob fahrlässige Unkenntnis vorzuhalten ist (§ 199 Abs. 2 BGB).

        10 Jahre:

  • für Rechte an Grundstücken sowie Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an Grundstücken sowie die vereinbarte Gegenleistung (§ 196 BGB)

Beispiele: Anspruch auf Eigentumsverschaffung bzw. Kaufpreiszahlung aus Grundstücksverkaufsverträgen, Löschungs- oder Rückübertragungsansprüchen aus grundschuldgesicherten Darlehensverträgen.

Dr. Johannes Kevekordes
Rechtsanwalt und Notar 

Für kompetente Beratung im Apothekenrecht

0511 954540