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Involvenz - Beratung des Apothekers – Apothekenrecht

Sind die Schulden eines Apothekers/einer Apothekerin so groß geworden, dass er/sie seine/ihre Schulden im Fall der Apothekenschließung nicht mehr ausgleichen kann, droht die Insolvenz. Für Apotheker ist Insolvenzgrund ausschließlich die Zahlungsunfähigkeit, nicht aber die Überschuldung. Sowohl seine Gläubiger als der Apotheker (die Apothekerin) selbst kann bei dem zuständigen Insolvenzgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragen. Der betroffene Apotheker muss also nicht abwarten, bis sein gesamtes Privatvermögen durch Betriebsausgaben verbraucht und im Insolvenzfall keinerlei Masse mehr vorhanden ist. In der finanziellen Krise gibt es zwei Möglichkeiten:

I. Außergerichtliche Schuldenregulierung

 Der betroffene Apotheker kann zunächst – empfehlenswerterweise mit anwaltlicher Unterstützung – versuchen, eine außergerichtliche Schuldenregulierung mit seinen Gläubigern zu verhandeln. In unserer Praxis haben wir in solchen Fällen einen Forderungsverzicht der Gläubiger in der Bandbreite von 30 – 80 % erreicht. Im Fall der drohenden Zahlungsunfähigkeit wandelt sich wirtschaftliche Schwäche oft in eine starke Position, wenn nämlich die Gläubiger einerseits befürchten müssen, durch mangelndes Entgegenkommen im Fall der Insolvenz praktisch ihre gesamte Forderung abschreiben zu müssen, und andererseits objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der betroffene Apotheker den Schuldenregulierungsplan einhalten wird. Solche Anhaltspunkte können sich z.B. aus den unternehmerischen Fähigkeiten des Apothekers ergeben, der nur durch bestimmte äußere Umstände in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die beseitigt sind wie z.B. übergroße Tilgungs- und Zinslasten oder eine zu hohe Pacht oder Miete. Ein weiteres Beispiel ist, dass ein Dritter bestimmte Finanzmittel für die Gläubiger bereitstellt und zahlt, wenn die Gläubiger einer Schuldenregulierung mit teilweisem Forderungsverzicht zustimmen. Ein Druckmittel gegenüber Gläubigern ist auch die Drohung mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung in einem Insolvenzverfahren (dazu nachstehend), wenn der Schuldner den Gläubigern klarmachen kann, dass er in einem Insolvenzverfahren nichts oder nichts wesentliches mehr zu verlieren hat.  Dieses Druckmittel entfällt jedoch und haben die Gläubiger die bessere Position, wenn der betroffene Apotheker noch über unbelastetes Vermögen verfügt.

II. Gerichtliches Insolvenzverfahren

Wenn eine außergerichtliche Schuldenregulierung nicht zustande kommt, ist dem betroffenen Apotheker zu empfehlen, statt tatenlos auf sein wirtschaftliches Aus zu warten,  bei dem zuständigen Amtsgericht – Insolvenzgericht – den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein – gesamtes – Vermögen zu beantragen. Zugleich muss er die sog. Eigenverwaltung beantragen und begründen. Lehnt das Gericht die Eigenverwaltung ab und setzt es einen – vorläufigen – Insolvenzverwalter ein, ist nämlich dem betroffenen Apotheker nach der verwaltungsgerichtlich bestätigten Praxis der Genehmigungsbehörden die Betriebserlaubnis zu entziehen. In einem solchen Fall soll die erforderliche eigenverantwortliche Betriebsführung durch den Apotheker nicht mehr gegeben sein. Darauf und die andernfalls eintretenden Nachteile für die Gläubiger sowie den Umstand, dass angesichts der Zuverlässigkeit des betroffenen Apothekers keine Nachteile für die Gläubiger zu erwarten seien, ist in dem Insolvenzantrag besonders einzugehen (vgl. § 270 ff InsO). Dem eigenverwaltenden Apotheker hat das Gericht einen sog. Sachwalter mit Befugnissen ähnlich wie einem sog. „schwachen“ Insolvenzverwalter an die Seite zu stellen. Ordnet das Gericht Eigenverwaltung an, hebt es sie nur auf Antrag der Gläubigerverwaltung, eines absonderungsberechtigten Gläubigers oder des Schuldners selbst auf (vgl. § 272 InsO).

Im übrigen muss sich der betreffende Apotheker im klaren sein, dass im Insolvenzverfahren sein gesamtes Vermögen u.a. einschließlich Eigenheim etc. zugunsten der Gläubiger zu verwerten ist . Gelingt es dem Apotheker in der Insolvenz, von einer Bank einen Betriebsmittelkredit oder von dem pharmazeutischen Großhandel einen Lieferantenkredit zu erhalten, kommt in Betracht, dass der bisherige Apotheker die Apotheke bis zur einer Verwertung zugunsten der Gläubiger weiterführt. Die Weiterführung ist insbesondere für die Insolvenzgläubiger wichtig, weil der durch Veräußerung verwertbare Kundenstamm der Apotheke mit ihrer Schließung wegfällt. 

Mit dem Insolvenzantrag wird der betroffene Apotheker zugleich den Antrag verbinden, die Zwangsvollstreckung aus den bisher gegen ihn vorliegenden Vollstreckungstiteln, insbesondere Urteile und vollstreckbaren Urkunden, einzustellen. Das Insolvenzgericht wird einem solchen Antrag in der Regel stattgeben, um bereits vor der Feststellung, ob genügend Insolvenzmasse vorhanden ist, und der nachfolgenden Eröffnung des Insolvenzverfahrens sicherzustellen, dass alle Gläubiger gleichmäßig befriedigt werden. Schließlich wird der richtig beratene Apotheker mit seinem Insolvenzantrag den Antrag auf Restschuldbefreiung verbinden. 

III. Restschuldbefreiung

Die gesetzliche Regelung der Restschuldbefreiung, die US-amerikanischem Vorbild folgt, besteht erst seit dem 1.1.1999. Vorher bedeutete die Insolvenz für den Betroffenen, dass er lebenslang an seinen Verbindlichkeiten festgehalten wurde, die aus der Insolvenzmasse nicht befriedigt werden konnten. Seine Gläubiger waren berechtigt, alles Vermögen eines Insolvenzschuldners, das er nach der Insolvenz erwarb, und alle Einkünfte oberhalb der Pfändungsfreigrenze sein Leben lang zu pfänden. Daher war einem Insolvenzgläubiger praktisch jegliche weitere selbständige und auch eine nichtselbständige Tätigkeit in normalem Umfang verwehrt. Nunmehr kann ein insolventer Apotheker sechs Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Restschuldbefreiung erlangen, wenn er während dieser Zeit seine pfändbaren Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder einer entsprechenden angemessenen selbständigen Tätigkeit zugunsten der Gläubiger an einen Treuhänder abtritt und folgende Obliegenheiten erfüllt (vgl. § 287 iVm § 295 Abs.1 InsO):

  • Der Insolvenzschuldner muss eine angemessene Tätigkeit ausüben oder, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen.
  • Der Insolvenzschuldner muss ererbtes Vermögen zur Hälfte an den Treuhänder abführen.
  • Der Insolvenzschuldner muss jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Treuhänder und dem Insolvenzgericht anzeigen und darf Einkünfte und Vermögen nicht verheimlichen.
  • Der Insolvenzschuldner darf Zahlungen zur Befriedigung seiner Gläubiger ausschließlich an den Treuhänder leisten und darf keinem Gläubiger einen Sondervorteil verschaffen. 

Von der Restschuldbefreiung sind nur Geldstrafen und Verbindlichkeiten aus einer vorsätzlich begangenen Straftat ausgeschlossen, die der Gläubiger zur Eintragung in die Insolvenztabelle angemeldet hat, z.B. wegen nicht abgeführter Lohnsteuer, Beiträgen zur Berufsgenossenschaft oder Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung.

IV. Besonderheiten für Miet- und Pachtverhältnisse in der Insolvenz

1. Fortbestehen des Mietverhältnisses bei Mieter- oder Vermieterinsolvenz ?

Nach § 108 I InsO bestehen Mietverhältnisse über unbewegliche Gegenstände, Räume  und dort genannten Gegenstände auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowohl bei der Vermieter- als auch der Mieterinsolvenz mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Das Mietverhältnis endet ohne weiteres nur, wenn es durch eine der Mietvertragsparteien vor dem Antrag auf  Eröffung des Insolvenzverfahrens für einen danach liegenden Termin ordentlich fristgemäß gekündigt worden ist. Diese Grundsätze und alle nachstehenden Ausführungen gelten für Pachtverträge entsprechend. 

Im Fall der Mieterinsolvenz und der Vermieterinsolvenz gelten folgende besondere Regeln:

a) Regeln im Fall der Mieterinsolvenz

Der Insolvenzverwalter hat die Pflicht, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Masseverbindlichkeiten zu erfüllen. Für diesen Zeitraum kann er gem. §§ 38, 55 Abs.1 Satz 2, 103 InsO nicht zwischen Erfüllung und Erfüllungsablehnung wählen. Die Ablehnung der Vertragserfüllung für die Zukunft wird ersetzt durch die in §§ 109, 111, 113 InsO geregelten Kündigungs- und Rücktrittsrechte.

Insolvenzverwalter und Vermieter können allerdings (fristlos) vom Vertrag zurücktreten, wenn dem Mieter der gemietete/gepachtete unbewegliche Gegenstand oder Raum bei Verfahrenseröffnung noch nicht überlassen war. Ist die Überlassung bereits vor Verfahrenseröffnung erfolgt, kann (nur) der Insolvenzverwalter kündigen, und zwar mit gesetzlicher Frist (§ 580a Abs.2 BGB)  unabhängig von vereinbarter Dauer der Miete.

Macht der Insolvenzverwalter von seinen vorgenannten Rechten Gebrauch, hat der Vermieter nur als einfacher Insolvenzgläubiger einen Schadenersatzanspruch (§§ 109 Abs.2, 113 Abs. 3, 109 Abs.2 InsO). Andernfalls muss Insolvenzverwalter ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens Miete aus der Insolvenzmasse zahlen.

Der Vermieter hat demgegenüber kein außerordentliches Kündigungsrecht. Damit möchte der Gesetzgeber zugunsten der Insolvenzmasse die Chance einer Sanierung wahren. Der Vermieter kann nur nach allgemeinen Bestimmungen, z. B. bei Zahlungsverzug nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens kündigen, nicht aber wegen Mietrückständen, die davor entstanden sind (Kündigungssperre des § 112 Abs.1 InsO).

Die Wirksamkeit von vertraglichen Vereinbarungen, die dem Vermieter die fristlose Kündigung schon bei Verschlechterung der Vermögenslage des Mieters ermöglichen sollen, ist kritisch zu betrachten. Vorzuziehen sind vertragliche Vereinbarungen, daß ein Mietvertrag automatisch aufgelöst ist, wenn der Mieter oder einer seiner Gläubiger den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mieters stellt. Rspr. und Lit. dazu sind aber noch nicht gefestigt.

b) Regeln im Fall der Vermieterinsolvenz

Bei Insolvenz des Vermieters gehören die vermieteten/verpachteten Gegenstände zur Insolvenzmasse. Keine Partei hat ein Sonderkündigungsrecht.  Demgemäß hat der Insolvenzverwalter den Vertrag durch Überlassung bzw. Belassung des Mietobjektes zu erfüllen. Mieter muss die Miete an den Verwalter zahlen, ansonsten bleibt alles wie vorher bis auf die Vertretung des Vermieters durch den Verwalter. Erhaltungsaufwendungen u.ä. sind aus der Masse zu begleichen.

Der Mieter muss jedoch mit der Kündigung durch einen Erwerber des Mietobjekts rechnen. Veräußert der Insolvenzverwalter das Mietobjekt freihändig,  kann der Erwerber den Mietvertrag nach §§ 111 InsO unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zum ersten möglichen Zeitpunkt kündigen. Im Fall der Zwangsversteigerung hat der Erwerber ein entsprechendes Sonderkündigungsrecht gemäß § 57a ZVG. Mit einer solchen Kündigung verliert der Apotheker, der seine Apotheke in gemieteten Räumen betreibt, den von ihm aufgebauten oder zuvor teuer gekauften Firmenwert seiner Apotheke. Für den Apotheker als Mieter ist es deshalb existenzwichtig, sich vor Abschluss des Mietvertrags über die Bonität des Vermieters zu vergewissern.

2. Zahlungsansprüche der Mietvertragsparteien in der Insolvenz

Im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ist stets zu prüfen, ob eine Forderung nur einfache Insolvenzforderung darstellt, die nur quotenmäßig zu bedienen ist, ob eine vorrangige Masseforderung oder vorliegt oder die Forderung durch Eigentumsvorbehalt, Pfandrecht, Grundschuld oder ein anderes Recht gesichert ist, das dem Gläubiger einen Anspruch auf Aussonderung oder abgesonderte Befriedigung gibt. Das Vermieterpfandrecht gewährt dem Vermieter das Recht auf abgesonderte Befriedigung (§ 50 Abs.1 InsO). Sachen, die der Mieter nach Eröffnung des Verfahrens in das Mietobjekt eingebracht hat,  unterliegen hingegen nicht dem Vermieterpfandrecht.

Alle Zahlungsansprüche, die nach der Insolvenzeröffnung bzw. der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters entstehen, sind Masseverbindlichkeiten. Alle Mietforderungen, die bis zur Beschlagnahme oder der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters fällig werden, sind einfache Insolvenzforderungen. Für Betriebskosten gilt das gleiche. Betriebskostenforderungen oder –erstattungsforderung für abgeschlossene Zeiträume vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind einfache Insolvenzforderungen, auch wenn die Abrechnung danach erfolgt.

Dr. Johannes Kevekordes
Rechtsanwalt und Notar 

Für kompetente Beratung im Apothekenrecht

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