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Werbung mit Rezeptprämie: mal verboten – und mal auch nicht – Apothekenrecht

Apotheker dürfen laut Landesberufsgericht für Heilberufe Rheinland-Pfalz nach Berufsrecht keinen Preiswettbewerb mit verschreibungspflichtigen Medikamenten betreiben. Im Gegensatz dazu hat es der Bundesgerichtshof (BGH) in 2010 als wettbewerbsrechtlich zulässig beurteilt, dass Apotheker ihren Kunden für das Einreichen von Rezepten Einkaufsgutscheine schenken – solange die Bagatellgrenze nicht überschritten wird.

Diese Grenze wurde in der Praxis bei einem Euro angesetzt. Unklar war und ist jedoch, ob sich diese Bagatellgrenze auf jedes auf einem Rezept verschriebene Arzneimittel oder nur auf das Rezept insgesamt bezieht. Eine Vielzahl von Apothekern hat seitdem für die Einlösung von Rezepten Einkaufsgutscheine in unterschiedlicher Höhe gewährt.

Ein Apotheker aus Rheinland-Pfalz hatte mit folgender Prämie geworben: Bei Einlösung eines Rezepts versprach er den Kunden pro verschreibungspflichtigem Medikament einen Einkaufsgutschein im Wert von einem Euro. Für ein Rezept mit mehreren Medikamenten würden insgesamt drei Euro gutgeschrieben werden. 

Freispruch aufgehoben

Daraufhin beantragte die Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz beim zuständigen Berufsgericht für Heilberufe, gegenüber dem Apotheker eine Verwarnung unter Strafvorbehalt auszusprechen. Das Berufsgericht sprach den Apotheker jedoch frei. In der nächsten Instanz landete der Fall beim Landesberufsgericht für Heilberufe, das beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz angesiedelt ist. Dieses hat nun den Freispruch aufgehoben und den Apotheker verwarnt.

Grundlage dafür ist laut Gericht die Arzneimittelpreisverordnung, welche die Abgabe eines verschreibungspflichtigen Medikaments unter dem vom Hersteller festgelegten Preis verbietet. Der Gesetzgeber möchte damit einen Preiswettbewerb verhindern, der zu einem schädlichen Mehrverbrauch solcher Medikamente führen könnte. Zusätzlich wird befürchtet, dass ein Preiswettbewerb durch die Konzentration auf die möglichst billigste Apotheke die flächendeckende Versorgung der Patienten gefährden könnte.

Unterschiedliche rechtliche Beurteilung

Anders als nach dem Wettbewerbsrecht bzw. dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb ist nach Auffassung und Praxis der Apothekerkammern gemäß der Arzneimittelpreisverordnung als Bestandteil des Berufsrechts für Apotheker ein auch nur indirekter Preiswettbewerb – wie zum Beispiel über das Gewähren von Gutscheinen – unverändert unzulässig.

Diese unterschiedliche Beurteilung des gleichen Verhaltens nach Wettbewerbsrecht und Berufsrecht wird durch das aktuelle Urteil bestätigt. 

OVG Lüneburg mit praxisnaher Lösung

Der für die Verbraucher schwer verständliche Gegensatz zwischen der Rechtsprechung des Wettbewerbssenats des BGH und der Rechtssprechung der Verwaltungs- und Berufsgerichte wäre abgemildert, wenn sich in der Praxis der Ansatz des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg durchsetzen würde.

Demnach hat die zuständige Apothekerkammer gegenüber dem tatsächlichen oder angeblichen Verstoß eines Apothekers gegen die Arzneimittelpreisverordnung nur dann ein »Aufgreifermessen«, wenn dessen Werbung mit Einkaufsvorteilen eine sogenannte »Spürbarkeitsschwelle« überschreitet. Diese Schwelle ist umso niedriger anzusetzen, je mehr ein Einkaufsvorteil einem unzulässigen Bar-Rabatt oder einer direkten Preisreduzierung entspricht. 

Damit wird zumindest in Niedersachsen die Apothekerkammer mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr gegen einen Apotheker vorgehen, der an seine Kunden für die Einlösung von Rezepten auf verschreibungspflichtige Medikamente z.B. Einkaufsgutscheine mit einem Betrag von bis zu 0,50 Euro je Rezept verteilt.

16.11.2012

Dr. Johannes Kevekordes
Rechtsanwalt und Notar

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