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Handlungsspielräume für Apotheker nach dem Apothekenrecht

– Verwaltungspraxis und praktische Hinweise -


In 2004 haben sich durch gesetzliche Änderungen des Apothekengesetzes (ApoG), der Verord-nung über den Betrieb von Apotheken (ApoBetrO), der ArzneimittelpreisVO und auch des Heil-mittelwerbegesetzes Handlungsspielräume für Apotheker eröffnet, die anhand dieser gesetzli-chen Vorschriften und der dazu bisher bekannt gewordenen Verwaltungspraxis nachstehend ausgelotet werden soll  


I. Preisfreigabe und Werbung

Auf die Frage, ob aktiver Preiswettbewerb mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln für Apotheker überhaupt wirtschaftlich sinnvoll ist, sind zahlreiche Landesapothekerverbände, Pharma-Hersteller und auch apothekenwirtschaftlich spezialisierte Steuerberater eingegangen. Ihre Antwort war eindeutig: Die mit Preisreduzierungen einhergehenden Ertragsminderungen sind durch höhere Absatzmengen in den wenigsten Fällen auszugleichen. Unabhängig davon fragen sich viele: Ist eine Werbung für niedrigere Preise überhaupt zulässig?

1. Bisher bestand für den selbständigen Apotheker im Bereich verschreibungspflichtiger und apothekenpflichtiger Arzneimittel ein striktes berufsrechtliches Werbeverbot. Nur im Bereich des Randsortiments bzw. der apothekenüblichen Waren sowie der freiverkäuflichen Waren durfte der Apotheker – unter Beachtung des Heilmittelwerbegesetzes und des UWG – wie jeder andere Kaufmann Werbung treiben (BVerfG, Urt. v.22.5.1996, PZ 1996,90ff; dazu bereits Kevekordes, „ Werbung durch Apotheken nach Wegfall von RabattG und ZugabeVO – Teil 1“, in: Treuhand Aktuell Ausgabe 2/01 S.2 ff).

Mit der Aufhebung der Preisbindung in der ArzneimittelpreisVO für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel einschließlich apothekenpflichtiger Arzneimittel sind auch für diesen Bereich – bis auf bestimmte Ausnahmen - frei kalkulierte Preise zulässig.

Zu konkreten Werbemitteln in diesem Bereich und ihrer Zulässigkeit ist noch keine aktuelle Praxis der Apothekerkammern der einzelnen Bundesländer und der Rechtsprechung ersichtlich (statt oder neben Aushang im Offizin auch Werbe-Flyer, Zeitungsanzeigen, Aktionswochen mit wechselnden Angeboten, „Happy hours“ etc.?). Insoweit sind die weitere Rechtsentwicklung, insbesondere die Modifizierung der Berufsordnungen der Apothekerkammern der einzelnen Bundesländer und die aktuelle Rechtsprechung. zu beobachten.

2. Unbeschadet der allgemeinen Grenzen für unlautere, insbesondere irreführende Werbung nach den §§ 1 und 3 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) ist darauf hinzuweisen, dass in jedem Fall § 7 Heilmittelwerbegesetz unverändert gilt. Das bedeutet, dass ausnahmslos für alle Arzneimittel das Zugabeverbot gilt, es sei denn, dass es sich um Zuwendungen von geringem Wert (bis ca. 0,60 EURO) handelt.

Nach bisher h.M. beinhaltet § 7 Heilmittelgesetz für alle Arzneimittel weiterhin ein Rabattverbot. Aus der bisherigen Rechtsprechung dürfte allerdings zu entnehmen sein, dass das Heilmittelwerbegesetz nicht anwendbar ist, wenn keine konkreten Arzneimittel, sondern z.B. nur eine be-stimmte Apotheke beworben wird. Deshalb könnte die Werbung mit einem Gutschein zulässig sein, der auf alle nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel einer bestimmten Apotheke einen Rabatt gewährt (ebenso Glökler/Graefe, Preiswerbung für OTC-Arzneimittel, DAZ 2003, 6115 ff).

Nach § 1 UWG unlauter und damit unzulässig wäre die Werbung eines Apothekers damit, die gesetzliche Zuzahlung nach § 61 SGB V von den Versicherten nicht zu erheben (und sie statt-dessen aus der eigenen Gewinnspanne zu bezahlen). Es handelte sich um einen Versuch, sich durch Rechtsbruch einen Vorsprung im Wettbewerb zu verschaffen, nämlich durch Unterlaufen der gewünschten Lenkungsfunktion der Zuzahlung. Diese Rechtslage hat sich für inländische Apotheken nicht dadurch geändert, dass der EuGH es in 2016 Apotheken im EU-Ausland erlaubt hat, von der ArzneimittelpreisVO abzuweichen und die Zuzahlung nicht zu erheben. Die damit verbundene sog. Inländerdiskriminierung ist bis zu einem Eingreifen des Gesetzgebers – z.B. durch das umstrittene Verbot des Versandhandels für verschreibungspflichtige Arzneimittel - hinzunehmen, auch wenn sich dadurch möglicherweise unerwünschte Strukturveränderungen für die Apotheken in Deutschland und Probleme für eine flächendeckende und zeitnahe Versorgung der Patienten mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ergibt.

 

II. Filialbesitz von Apotheken 

1. Gesetzliche Grundlagen

Nach dem ApoG ist der Filialbesitz in eingeschränkter Form zugelassen. Gemäß § 1 Abs. 2 ApoG kann ein Apotheker neben seiner Hauptapotheke noch bis zu drei Filialapotheken betreiben. Die Erlaubnis zum Betrieb mehrerer Apotheken wird auf Antrag erteilt, wenn der Apotheker die persönlichen, sachlichen und ortsorientierten Voraussetzungen erfüllt. Diese Voraussetzungen müssen für jede dieser Apotheken erfüllt sein. Es gibt nur eine Betriebserlaubnis für Hauptapotheke und Filialapotheken gemeinsam.

Als Betreiber mehrerer Apotheken hat der Apotheker eine der Apotheken persönlich zu führen. Diese wird dadurch zur Hauptapotheke. Für die Filialapotheken ist jeweils ein Apotheker als ver-antwortlicher Leiter zu benennen (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 und 2 ApoG). Der für eine Filialapotheke ver-antwortliche Apotheker hat den Status eines angestellten Mitarbeiters.

Für die Filialapotheken gelten dieselben rechtlichen Anforderungen nach der Apothekenbetriebsordnung wie für die Hauptapotheke (Personal, Raumanforderungen, Ausstattung). Ortsorientierte Voraussetzung für den Betrieb von Filialapotheken ist, dassdie vom Apotheker selbst betriebene Apotheke und die Filialapotheken innerhalb desselben Kreises oder derselben kreis-freien Stadt oder zumindest in benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten liegen (§ 2 Abs. 4 ApoG). Zur Abgrenzung der benachbarten Kreise nach der vom Verfasser angestoßenen Rechtsprechung wird auf den weiteren Beitrag unter dieser Rubrik verwiesen.

Davon abgesehen sollen nachstehend ohne Anspruch auf Vollständigkeit folgende Rechtsfragen zum Filialbesitz angerissen werden:

2. Rechtsform

Auch zukünftig dürfen Apotheken nur in der Form eines Einzelunternehmens oder als offene Handelsgesellschaft (oHG) geführt werden. Die Filialapotheke wird unselbständiger Bestandteil einer als Einzelunternehmen oder als oHG betriebenen Hauptapotheke. Auch eine oHG darf wie ein Einzelunternehmer nur bis zu drei Filialapotheken betreiben. Der Betrieb einer Apotheke als Einzelunternehmen durch einen Apotheker, der zugleich als Gesellschafter an einer Apotheken-oHG beteiligt ist, wäre unzulässig. Einem Apotheker kann immer nur eine – einheitliche – Betriebserlaubnis erteilt werden, entweder für eine Apotheke als Einzelunternehmen – ggf. mit Filialapotheken – oder als Gesellschafter einer Apotheken-oHG – ggf. mit Filialapotheken (zutreffend Mecking, Rechtliche Grenzen der neuen Möglichkeiten, in: AWA v. 15.2.2004, S.5f.).

Zu der Frage, ob aus einer Präsenzpflicht der oHG-Gesellschafter in ihrer Hauptapotheke folgt, dass oHG-Gesellschafter nicht zum verantwortlichen Leiter einer Filialapotheke bestellt werden können, liegt, soweit ersichtlich, noch keine Praxis der Genehmigungsbehörden vor. 

3. Pacht von Filialapotheken

a) Trotz anfänglich ablehnender Stimmen hat sich in der Praxis der Genehmigungsbehörden zutreffenderweise durchgesetzt, dass ein Apotheker eine Filialapotheke nicht nur im Wege des Kaufs, sondern auch der Pacht erwerben kann. Für diese Konstellation haben schon mehrere Genehmigungsbehörden in verschiedenen Bundesländern die Betriebserlaubnis erteilt. Der Apotheker kann entweder die bisherige Apotheke oder die neu erworbene bzw. gepachtete Apotheke zur Hauptapotheke erklären.

Dieser Praxis steht der Wortlaut des ApoG nicht entgegen. § 1 ApoG unterscheidet nicht zwischen der Inhaber- und der Pächtererlaubnis. Zudem ist in § 9 Abs.1 ApoG ausdrücklich geregelt, dass unter bestimmten Voraussetzungen Filialapotheken(„Apotheken nach § 2 Abs.4“) verpachtet werden können. Dann muss logisch zwingend die Pacht von Filialapotheken zulässig sein. Formelle Bedenken, dass sowohl für Haupt- und Filialapotheken eine einheitliche Betriebserlaubnis erforderlich ist, werden dadurch überwunden, dass der betreffende Apotheker die Betriebserlaubnis für seine bisherige Apotheke nur unter der Bedingung aufgibt, dass ihm eine neue Betriebserlaubnis für Haupt- und Filialapotheke erteilt wird.

b) Konsequenterweise erlaubt die Praxis der Genehmigungsbehörden einem Apotheker die Pacht einer Filialapotheke auch dann, wenn dieser Apotheker nicht Inhaber seiner bisherigen Apotheke ist, sondern nur Pächter. Das Regierungspräsidium Oldenburg als seinerzeit zuständige Genehmigungsbehörde hat auf Anfrage diese Praxis bereits im Januar 2004 ausdrücklich bestätigt.

Auch wenn sich der Pachtvertrag mit dem Verpächter nicht auf die von seinem Pächter neu erworbenen oder hinzugepachteten Filialapotheken erstreckt, kommt allerdings in Betracht, dass solche Aktivitäten eines Apothekenpächters gegen das Wettbewerbsverbot im bisherigen Pacht-vertrag verstoßen, das dem Pächter zum Schutz des Verpächters auferlegt ist. Um von vorne-herein einen Rechtsstreit zu vermeiden, ist dem Pächter einerseits zu empfehlen, die Zustimmung seines Verpächters einzuholen. Andererseits muss sich der Verpächter des Risikos bewusst sein, dass sein Pächter Umsätze von der Pachtapotheke weg zu seiner neuen Filialapotheke verlagern könnte..

c) In Abgrenzung zu den vorstehenden Konstellationen dürfte es einhellige Meinung sein, dass der Verpächter einer Apotheke keine Betriebserlaubnis für eine Filialapotheke erhalten kann, die er neben seiner bisher verpachteten Apotheke selbst betreiben möchte. Einer solchen Absicht dürfte das Erfordernis einer – einheitlichen – Betriebserlaubnis entgegen stehen.

d) Soweit ersichtlich, ist die Rechtslage derzeit noch für folgende Fälle ungeklärt:

  • Der Verpächter möchte Haupt- und vorhandene Filialapotheken an verschiedene Pächter verpachten. 
  • Der Inhaber einer Apotheke (Pächter oder Eigentümer) möchte von den mehreren Apotheken eines Verpächters nur eine Apotheke pachten.

Gegen diese Möglichkeit könnte sprechen, daß einem Verpächter für die Verpachtung seiner Apotheken nur eine einheitliche Betriebserlaubnis als Verpächter erteilt wird. Praxis der Geneh-migungsbehörden dazu liegt noch nicht vor.

Sowohl für den Abschluss von Pachtverträgen als auch von Mietverträgen für Filialapotheken sollte aus Sicht des Hauptapothekers darauf geachtet werden, daß die Laufzeit derjenigen des Pacht- und/oder Mietvertrags für die Hauptapotheke möglichst entspricht.

4. Arbeitsrecht

Im Rahmen des Erwerbs von Filialapotheken sind folgende arbeitsrechtlichen Besonderheiten zu beachten:

a) Arbeitsverträge mit Filialleitern

Der Gesetzgeber verlangt vom Inhaber oder Pächter der Filialapotheken (Hauptapotheker), daß er für die Leitung einer Filialapotheke einen Apotheker benennt, der neben dem Inhaber oder Pächter die apotheken- und arzneimittelrechtlichen Verpflichtungen im Rahmen des Betriebs der Filialapotheke  zu erfüllen hat (nachstehend Filialleiter). Diese Verpflichtung ist in den Arbeitsvertrag mit dem betreffenden approbierten Mitarbeiter aufzunehmen. Weiterhin wird der Hauptapotheker zu überlegen haben, ob und inwieweit er dem Filialleiter nach außen hin Handlungsvollmacht und/oder Bankvollmacht erteilt und zu welchen Geschäften, insbesondere Einkäufen und Preisgestaltungen im Verkauf,  der Filialleiter im Innenverhältnis berechtigt sein soll. Dar-über hinaus muss der Hauptapotheker entscheiden, ob und ggf. welche Befugnisse er dem Filialleiter gegenüber dem Personal der Filialapotheke einräumt. Die entsprechenden Befugnisse sind entweder in einseitigen Schreiben des Inhabers an den Filialleiter oder im Arbeitsvertrag festzuhalten. Eine spätere Änderung bedarf der Zustimmung beider Parteien oder einer Änderungskündigung. Insbesondere ist zu überlegen, ob der Hauptapotheker dem Filialleiter formelle Befugnisse erst nach Ablauf einer Probezeit einräumt. Schließlich ist zu überlegen, ob der Hauptapotheker seinem Filialleiter einen Leistungsanreiz durch eine Ziel-Bonus-Vereinbarung oder eine Tantieme-Vereinbarung bietet.    

b) Personalaustausch

Um die Vorteile der Kombination von Haupt- und Filialapotheken zu nutzen, ist u.a. von Bedeutung, ob ein Personalaustausch möglich ist. Dafür sind in erster Linie der Inhalt der Arbeitsverträge der Mitarbeiter maßgeblich. Meist wird im Arbeitsvertrag der Name der Apotheke als Arbeitsort angegeben sein, so dass der Apotheker als Arbeitgeber seine Mitarbeiter/innen nicht ohne Weiteres im Rahmen seines Direktionsrechtes anweisen kann, in einer mehr als ca. 1 km entfernten Apotheke zu arbeiten. Ist die Zustimmung der betreffenden Mitarbeiter erforderlich, ist unter Umständen die Übernahme zusätzlicher Fahrtkosten (bei größeren Entfernungen zwischen den Apotheken) ein Thema. Ist die Zustimmung der Mitarbeiter nicht zu erreichen, bleibt ggf. nur der Weg der Änderungskündigung, d.h. eine fristgemäße Beendigungskündigung mit dem Angebot, ab Beendigung der Kündigungsfrist zu den geänderten Bedingungen weiter zu arbeiten.

c) Kündigungsschutz

Vor dem Erwerb einer Filialapotheke ist auch zu berücksichtigen, dass dann ggf. erstmals für alle Mitarbeiter des Apothekeninhabers der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz eingreift. Dieses Gesetz erlaubt Kündigungen nur aus dringenden betrieblichen, verhaltensbedingten oder personenbezogenen Gründen. Für eine verhaltensbedingte Kündigung ist dann eine vorhergehende Abmahnung erforderlich. Im Rahmen von betriebsbedingten Kündigungen sind zusätzlich die Gesichtspunkte der Sozialauswahl nach Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter und Unterhaltsverpflichtungen zu beachten. Dieses maßgebliche Kündigungserschwernis setzt bereits ein, wenn ein Apotheker ständig mehr als 5 (Vollzeit-) Mitarbeiter beschäftigt. Ab dem 1.1.2004 ist der Kündigungsschutz lediglich für neu angestellte Mitarbeiter ausgeschlossen, solange nicht mehr als 10 (Vollzeit-)Mitarbeiter vorhanden sind. Ist aus betriebswirtschaftlichen Gründen ein Personalaustausch zwischen Haupt- und Filialapotheken vor-gesehen, liegt ein gemeinsamer Betrieb vor und sind die Mitarbeiter von Haupt- und  Filialapotheken zusammenzurechnen. Die Zahl von 10 (Vollzeit-) Mitarbeitern wird dann leicht überschritten. Ob ein gemeinsamer Betrieb von Haupt- und Filialapotheken vermieden werden kann oder ob eine entsprechende Gestaltung zur Trennung der Betriebe betriebswirtschaftlich vertretbar ist, kann nur im Einzelfall geklärt werden.

d) Schwellenwerte für weitere arbeitsrechtlichen Regelungen

Folgende Schwellenwerte für nachstehende weitere arbeitsrechtliche Regelungen sollte der potentielle Erwerber einer Filialapotheke kennen, um sie in seine Überlegungen einbeziehen zu können:

  • Nach dem Betriebsverfassungsgesetz haben die Mitarbeiter eines Betriebs das Recht, ab einer Zahl von sechs betriebsangehörigen Mitarbeitern (nach Köpfen) einen Betriebsrat zu wählen.
  • Ab 15 Mitarbeitern (nach Köpfen) haben die Mitarbeiter eines Unternehmens das Recht, nach Maßgabe des Teilzeitarbeits- und Befristungsgesetz einen Anspruch auf Teilzeitarbeit geltend zu machen.
  • Wenn ein Betriebsrat besteht, können die Mitarbeiter über den Betriebsrat ab einer Zahl von 20 betriebsangehörigen Mitarbeitern gegenüber dem Arbeitgeber einen Sozialplan erzwingen, wenn 

5. Firmierung von Filialapotheken

Als Kaufmann muss der selbständige Apotheker sich mit seiner Firma, d.h. der Bezeichnung, unter der er sein Handelsgeschäft führt, im Handelsregister des örtlich zuständigen Amtsgerichts eintragen lassen und seine Firma mit dem zuständigen Registergericht und Handelsregisternummer auf seinem Geschäftspapier und seinen Rechnungen angeben. Um diese handels-rechtliche Verpflichtung zu erfüllen, hat der Erwerber einer Filialapotheke die Wahl zwischen verschiedenen Möglichkeiten:

a) Sofern die Filialapotheke eine hinreichende Selbständigkeit aufweist, wofür der nach dem ApoG vorgeschriebene Filialleiter und eine eigene Buchführung genügt, kann der Apotheker sich entscheiden, sowohl für seine Hauptapotheke als auch für jede Filialapotheke jeweils eine eigene Firma zu führen. Heißt die bisherige Firma der Hauptapotheke „Adler-Apotheke Fritz Meier e.K.“ und die bisherige Firma des Verkäufers einer künftigen Filialapotheke „Brunnen-Apotheke Franz Müller e.K.“, kann der Erwerber den wesentlichen Firmenbestandteil der Filialapotheke fortführen. Neben der Firma seiner Adler-Apotheke, die der Erwerber unverändert fortführt, kann er als neue Firma zur Eintragung im Handelsregister anmelden „Brunnen-Apotheke Fritz Meier e.K.“. als ihr Inhaber auch seine Filialen unter dieser Firma führen.

Diese Lösung betont die Eigenständigkeit der Filialapotheke in einem örtlichen Markt. Die Zugehörigkeit zu einem Apothekenverbund wird nach außen hin nicht erkennbar.

b) Grundsätzlich kann  der Inhaber für seine Filialapotheken dieselbe Firma führen wie für seine Hauptapotheke. Heißt die bisherige Firma der Hauptapotheke „Adler-Apotheke Fritz Meier e.K.“, kann ihr Inhaber auch seine Filialen unter dieser Firma führen.

Diese Lösung betont umgekehrt die Zugehörigkeit zu einem Apothekenverbund, zu dessen Gunsten der Erwerber der Filialapotheke deren Firma ersatzlos aufgibt.

Befinden sich diese Filialen in einem Ort, dürfte die Genehmigungsbehörde allerdings einen unterscheidenden Zusatz fordern, um z.B. im Notfalldienst eine sichere Identifizierung der einzelnen Filialapotheke zu ermöglichen.  Vor diesem Hintergrund dürften keine Bedenken bestehen, die bisherige Bezeichnung wie z.B. „Brunnen-Apotheke“ wie folgt im geschäftlichen Verkehr zu verwenden: „Brunnen-Apotheke, Filialapotheke der Adler-Apotheke Fritz Meier e.K.“

c) Befindet sich die Filialapotheke in einem anderen Ort als die Hauptapotheke, kommt weiterhin in Betracht, dass der Erwerber die Filialapotheke nach außen erkennbar als Zweigniederlassung der Hauptapotheke im Handelsregister eintragen lässt. Die gesetzliche Voraussetzung, nämlich eine gewisse Selbständigkeit der Zweigniederlassung, sind bei einer Filialapotheke mit ihrem Filialleiter und einer eigenen Buchführung praktisch immer gegeben. Darüber hinaus ist anerkannt, dass ein übernommenes Unternehmen, also auch eine Filialapotheke, als Zweigniederlassung unter der alten Firma mit Filialzusatz weitergeführt werden darf. In unserem Beispiel würde die Firma der Filialapotheke dann lauten:  „Brunnen-Apotheke Fritz Meier e.K., Zweigniederlassung der Adler-Apotheke Fritz Meier e.K., A-Stadt“.

Die letztere Lösung hat den Vorzug, dass einerseits der eingeführte wesentlichen Firmenbestandteil der Filialapotheke erhalten bleibt, der Apotheker andererseits nach außen die Zugehörigkeit zu einem Apothekenverbund deutlich machen kann. 

6. Kartellverbot und Fusionskontrolle

Zum Filialbesitz von Apotheken und den sich daraus ergebenden Fragen für die Wettbewerbsfreiheit heißt es in Abgrenzung zum sog. Fremdbesitz von Apotheken in der Regierungsbegründung zum sog. Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG 2004) auf S.433 nur sehr allgemein: „Zudem wird damit Kettenbildungen mit unter Umständen wettbewerbspolitisch bedenklichen Situationen vorgebeugt. Sollte im Einzelfall eine marktbeherrschende Stellung eines Apothekenverbundes (z.B. in Orten mit nur wenigen Apotheken) vorliegen, so gilt das einschlägige Wettbewerbsrecht.“  Bei genauerer Betrachtung dürfte für Kartellverbot, Fusionskontrolle, Verbot des Missbrauchs marktbeherrschender Stellung folgendes gelten:

a) Wie jedem anderen Kaufmann ist es einem Apotheker nach § 1 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) untersagt, den gesetzlich soeben freigegebenen Preiswettbewerb für apothekenpflichtige Arzneimittel durch Preisabsprachen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen mit seinen benachbarten „Kollegen“ wieder einzuschränken. Alle Vereinbarungen solcher Art, ggf. dazu noch mit Vertragsstrafeversprechen, sind unwirksam und unter Androhung von Bußgeld verboten.

b) Die Vorschriften zur Fusionskontrolle im GWB (§§ 35 ff GWB) sind ohne praktische Bedeutung. Sie greifen erst ab einem Umsatz von 1 Milliarde DM bzw. des entsprechenden EURO-Betrags aller beteiligten Unternehmen ein. Diese Umsatzschwelle könnte theoretisch nur über-schritten werden, wenn das sog. Fremdbesitzverbot aufgehoben würde. Daran möchte einerseits die Bundesregierung nach ihren bisherigen Erklärungen festhalten. Zum anderen dürfte die Aufhebung des Fremdbesitzverbots für Apotheken im Hinblick auf Fremdbesitzverbote in den gesetzlichen Regelungen für andere freie Berufe wie z.B. in der Bundesrechtsanwaltsordnung für Rechtsanwaltsgesellschaften und im Steuerberatungsgesetz für Steuerberatungsgesellschaf-ten verfassungsrechtlich problematisch sein. Davon abgesehen ist zusätzlich zu beachten, dass die Fusionskontrolle nicht für solche örtlichen Märkte gilt, auf denen der Umsatz mit den maß-geblichen Waren oder Dienstleistungen jährlich weniger als 30 Millionen DM bzw. den entsprechenden EURO-Betrag beträgt (§ 35 Abs.2 Satz 1 Nr.2 GWB).

c) Grundsätzlich zu beachten ist auch in solchen sog. Bagatellmärkten das Missbrauchsverbot für marktbeherrschende Apotheken (vgl. §§ 19 ff GWB). Ein Missbrauch der Marktmacht durch Diskriminierung der Nachfrager dürfte jedoch praktisch nicht von Bedeutung sein. Insoweit gilt seit jeher die Verpflichtung jeder Apotheke, die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzstellen (§ 1 ApoG). D.h. jeder Arzneimittelkunde, der zahlungsfähig oder krankenversichert ist, muss von einer Apotheke beliefert werden. 

7. Verwaltung 

Für die Verwaltung von Haupt- und Filialapotheken nach Tod oder Berufsunfähigkeit des Hauptapothekers ergeben sich keine Besonderheiten. Der einschlägige § 13 ApoG ist u.E. nur wegen eines Redaktionsversehens nicht auf Filialapotheken erweitert worden. Die Verwaltung durch einen nach § 13 ApoG zu bestellenden Verwalter erfasst sowohl die Haupt- wie die Filialapotheken. Stirbt ein einzelner Filialleiter oder scheidet er auf andere Weise aus den Diensten für den Hauptapotheker aus, ist er durch die Einstellung eines neuen Filialleiters zu ersetzen. 

8. Zuständigkeit für Betriebserlaubnis

Für Haupt- und Filialapotheken ist gemäß § 1(2) ApoG eine einheitliche Betriebserlaubnis zu erteilen. Damit stellt sich die Frage, welche Genehmigungsbehörde zuständig ist, wenn z.B. die Hauptapotheke in Hamburg und die Filialapotheke in Schleswig-Holstein liegen. In Übereinstimmung mit der bisherigen Praxis der Genehmigungsbehörden ist der Sitz der Hauptapotheke maßgeblich. Im Beispielsfall ist also die Behörde in Hamburg zuständig. Soweit die Genehmigungsbehörde die Verhältnisse der Filialapotheke in Schleswig-Holstein zu prüfen hat, muss sie sich der Amtshilfe der Genehmigungsbehörde in Schleswig-Holstein bedienen. 

9. Testamentsgestaltung

Bisher waren im Rahmen der Testamentsgestaltung besondere Überlegungen und Regelungen notwendig, wenn mehrere Mitglieder einer Familie Inhaber einer Apotheke waren und nach dem Tod eines selbständigen Apothekers aus der Familie sichergestellt werden sollte, dass die ertragsreichste Apotheke in der Familie blieb. Dieses Problem entfällt zukünftig zumindest in den Fällen, in denen die Apotheken des verstorbenen Apothekers und seiner Familienmitglieder im gleichen Ort oder zumindest benachbarten Kreisen liegen. Ein Apotheker als Erbe ist dann nämlich berechtigt, die geerbte Apotheke als Filialapotheke weiterzuführen, ohne seine bisherige Apotheke aufgeben zu müssen. Vor diesem Hintergrund sollten bereits vorhandene Testamente auf Anpassungsbedarf geprüft werden. 

 

III. Organisation und rechtliche Grenzen des Botendienstes

Der für den Botendienst maßgebliche § 17 Abs. 2 der Apothekenbetriebsordnung ist mit Wirkung ab 01.01.2004 dahin geändert worden, dass die Wörter „... die Zustellung durch Boten ist im be-gründeten Einzelfall zulässig“ durch die Wörter „... die Zustellung durch Boten der Apotheke ist im Einzelfall ohne Erlaubnis nach § 11a des Apothekengesetzes zulässig“ ersetzt worden ist. Daraus folgt, dass eine Begründung der Botenzustellung nicht mehr notwendig ist, sondern allen-falls auf gesonderte Nachfrage der Genehmigungsbehörde das Vorliegen des Einzelfalls dargelegt werden müsste. Ein Einzelfall dürfte - vorbehaltlich der noch nicht feststehenden Praxis - vorliegen, wenn z.B. Medikamente bei Besuch des Patienten in der Apotheke nicht vorrätig sind oder aber der individuelle Patient in dem jeweiligen Fall oder aber auf Dauer nicht in der Lage ist, die betreffende Apotheke aufzusuchen.

Ungeachtet seines Umfangs ist für einen Apotheken-Botendienst eine Erlaubnis der Genehmigungsbehörde anders als für einen Apotheken-Versandhandel nicht erforderlich ist. Die Grenzen zwischen Botendienst und Versandhandel sind insbesondere bei größerer Entfernung zwischen Apotheke und Patient fließend. Eine strikte räumliche Abgrenzung zwischen Botendienst und Versandhandel gibt es nicht, insbesondere auch keine Abgrenzung nach Kreisen, wie sie etwa für die Zulässigkeit von Filialapotheken maßgeblich ist. Wichtig ist, dass die vom Patienten be-stellten Medikamente ihm tatsächlich von dem Botendienst nachweislich zugestellt werden. So-fern der Besteller ausnahmsweise nicht angetroffen wird, sollte sich der Bote die Auslieferung des Medikaments z. B. durch einen Familienangehörigen schriftlich bestätigen lassen.

Zukünftig darf ein Apotheker für seinen Botendienst auch in eingeschränkten Umfang Werbung treiben. Nach einem aktuellen Urteil des Berufsgerichts im Bezirk Stuttgart ist es einem Apotheker gestattet, mit der Aussage zu werben: „Rezeptpflichtige Medikamente liefern wir Ihnen kostenlos nach Hause, wenn sie ausnahmsweise nicht vorrätig sein sollten.“ Weitergehend dürfte insbesondere nach der Änderung der ApoBetrVO die Ergänzung zulässig sein: „... oder Sie nicht in der Lage sind, zu uns zu kommen.“.

 

IV. Zu den rechtliche Rahmenbedingungen des Versandhandels

Im Vergleich zur Botenzustellung stellt der Gesetzgeber an den Apothekenversandhandel von einem Standort in Deutschland aus hohe Anforderungen, die Versandhandelsapotheken im EG-Ausland nicht erfüllen müssen. § 11a ApoG stellt im wesentlichen folgende Anforderungen an die Organisation eines genehmigungsfähigen Versandhandels:

  • Er muss aus einer öffentlichen Apotheke heraus erfolgen. Gemäß  § 4 Apothekenbetriebsordnung müssen sich die Räumlichkeiten für den Versandhandel aber nicht direkt an die öffentliche Apotheke anschließen, sondern dürfen sich „in angemessener Entfernung“ befinden. Eine Entfernung bis zu 200 m dürfte unproblematisch sein.
  • Ein Qualitätssicherungssystem muss sicherstellen, dass die Arzneimittel ordnungsgemäß verpackt, transportiert und ausgeliefert werden, das versandte Arzneimittel an den tatsächlichen Besteller ausgeliefert wird, der Patient darauf hingewiesen wird, bei medizinischen Schwierigkeiten mit dem behandelnden Arzt Kontakt aufzunehmen, sowie die Beratung durch pharmazeutisches Personal in deutscher Sprache erfolgt.
  • Die Versendung muss im Regelfall innerhalb von 2 Arbeitstagen erfolgen.
  • Unabhängig davon, ob die Versendung des betreffenden Arzneimittels sich für den Apotheker lohnt, muss er alle Medikamente liefern, die in Deutschland zugelassen sind (Kontrahierungszwang). Die Beschränkung des Versandhandels auf Arzneimittel mit einem ausreichenden Kostendeckungsgrad ist also unzulässig.
  • Es muss ein System bestehen, nach dem der Patient dem Apotheker Risiken mitteilen kann, die bei Arzneimitteln aufgetreten sind.
  • Es muss eine kostenfreie Zweitzustellung und ein System zur Sendungsverfolgung unterhalten werden - die Art und Weise ist unklar - und eine Transportversicherung abgeschlossen werden.

Bemerkenswerterweise hat es der EuGH dem nationalen Gesetzgeber freigestellt, Versandhandel für verschreibungspflichtige Arzneimittel aus dem EG-Ausland zu untersagen, und ihm nur auferlegt, Versandhandel mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus dem EG-Ausland zu erlauben ((EuGH, Urt.v. 11.12.2003, NJW 2004,131ff – DocMorris; dazu zutreffend Lenz, Warenverkehrsfreiheit nach der DocMorris-Entscheidung zum Versand von Arzneimitteln, NJW 2004,332). Nach § 11a ApoG hat der Gesetzgeber unterschiedslos Versandhandel – mit zugelassenen Arzneimitteln – erlaubt. Nach den strengen Vorgaben dieser Vorschrift, die nur für inländische Versandhandelsapotheken gilt, dürfte ein Versandhandel von Arzneimitteln an deutsche Patienten im wesentlichen vom EU-Ausland aus stattfinden Als Standort für Versandhandelsapotheken hat sich insbesondere die Niederlande profiliert. 

Dieser Entwicklung hat sich durch die Entscheidung des EuGH in 2016 zugunsten der Versandhandelsapotheken im EU-Ausland verschärft, wie vorstehend in Abschn. I angerissen.

Dr.Johannes Kevekordes
Rechtsanwalt und Notar

Für kompetente Beratung im Apothekenrecht

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